Pressemitteilung
Katastrophenschutz muss nachrüsten - Bei einem atomaren Unglück muss auch die Stadt Landshut evakuiert werden
ÖDP-Stadträtinnen fordern Evakuierungsplan für Landshut
Die Folgen von Fukushima
„Fukushima hat uns 25 Jahre nach dem Super-GAU von Tschernobyl auf schreckliche Art und Weise vor Augen geführt, welche tatsächlichen Risiken mit der Nutzung der Atomenergie verbunden sind und welche verheerenden Folgen ein Reaktorunfall für Mensch, Natur und Umwelt hat“, so ÖDP-Stadträtin März-Granda. Die Welt musste lernen, dass auch in einem hoch entwickelten Land wie Japan immer ein Risiko bleibt. „Atomkraft ist und bleibt nicht zu 100 Prozent beherrschbar“, ergänzt ÖDP-Stadträtin Ackermann.
Mehr Menschen gefährdet
Deshalb hat das Bundesumweltministerium nach dem Reaktorunglück in Fukushima die Strahlenschutzkommission (SSK) beauftragt, die Empfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen neu zu überarbeiten. „Simulationen über die Ausbreitung der Radioaktivität bei einem schweren Unfall in einen deutschen Kernreaktor ergaben, dass deutlich mehr Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden als bisher erwartet“, so März-Granda. Die neuen Empfehlungen sind zwischenzeitlich seit 1. Januar 2016 durch die Katastrophenschutzrichtlinien für kerntechnische Anlagen (KSRKern) in Kraft getreten und müssen von den zuständigen Katastrophenschutzbehörden zügig umgesetzt werden.
Evakuierungen im Abstand von 20 statt 10 Kilometern
„Die wichtigste Änderung der neuen Richtlinie betrifft die Schutzzonen rund um Atomkraftwerke. Diese müssen alle erweitert werden“, erläutert Ackermann. Danach sollen in Zukunft im Fall einer atomaren Katastrophe die Anwohner im Umkreis von fünf Kilometern um ein Atomkraftwerk innerhalb von sechs Stunden in Sicherheit gebracht werden. Bislang umfasste diese sogenannte Zentralzone nur zwei Kilometer. In der von 10 auf 20 Kilometer erweiterten sogenannten Mittelzone sollen im Notfall innerhalb von 24 Stunden alle Menschen evakuiert werden. „Rund um das Kernkraftwerk Isar müssen dann unter anderem die Städte Landshut, Vilsbiburg und Dingolfing evakuiert werden“, betont März-Granda. Bisher sollten im Umkreis des Reaktors knapp 40.000 Kreisbewohner innerhalb von 24 Stunden in Sicherheit gebracht werden können. Nach den neuen Empfehlungen wären es circa 240.000 Anwohner. Zusätzlich soll eine Fernzone von 25 bis 100 km eingerichtet werden. Zusammengefasst bedeuten die Änderungen, dass wesentlich mehr Kommunen als zuvor betroffen sind und dementsprechend auch wesentlich mehr Menschen innerhalb kürzester Zeit in Sicherheit gebracht werden müssen.
Welche Pläne es für den Katastrophenfall gibt
„Die erweiterten Evakuierungszonen sind für die Einsatzkräfte ein immenser logistischer Gewaltakt, der bis ins Detail geplant werden muss“, gibt Ackermann zu bedenken. Neben der Evakuierung zählen auch die Verteilung von Jodtabletten, die Vorbereitung von Notquartieren und der Verbleib in Gebäuden zu den zentralen Katastrophenschutzmaßnahmen. Denn sollte der Katastrophenfall je eintreten, müssten Rettungskräfte und Behörden genau wissen, was zu tun ist. „Genau für dieses Szenario muss es einen Katastropheneinsatzplan geben, den es jedoch bis lang noch nicht gibt“, kritisieren die Stadträtinnen „besonders im Hinblick auf die bestehende Terrorgefahr muss die Stadt in Koordination mit der Regierung baldmöglichst ihre Hausaufgaben erfüllen“.
Die Stadträtinnen beanstanden außerdem, dass die entsprechenden Planungen intransparent
ablaufen würden und die Bevölkerung nicht informiert werde. Tatsächlich stammen zum Beispiel die
letzten „Ratgeber“ der Betreiber der Kernkraftwerke Isar aus dem Jahr 2008.
„Die neue Richtlinie ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“, sagt Ackermann. Die
Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima haben die möglichen Dimensionen von
Atomunfällen gezeigt, Dimensionen die 20 Kilometer-Radien bei weitem übersteigen. „Wir sehen die
aktuelle Fortschreibung des Katastrophenschutzes mit einem 20 Kilometer-Evakuierungsradius
tatsächlich als Fortschritt, der andererseits die reale Dimension eines Unfalles immer noch
ausblendet“, macht März-Granda deutlich.