Pressemitteilung
ÖDP-Stadträtinnen schlagen Alarm
Ungebremster Flächenfraß in der Boom-Stadt Landshut
Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum „Internationalen Jahr des Bodens“ ausgerufen. Dies haben die ÖDP-Stadträtinnen Elke März-Granda und Christine Ackermann zum Anlass genommen, die Flächenveränderungen der letzten Jahre auf dem Stadtgebiet genauer zu betrachten.
„Die Zahlen sind dramatisch und haben unsere schlimmsten Befürchtungen leider bestätigt“, erläutert März-Granda und ergänzt „in den letzten dreißig Jahren sind ca. 6 Millionen Quadratmeter Landwirtschaftsfläche für Gebäude- und Verkehrsflächen verbaut worden“.
„Wenn wir weiterhin in diesem Tempo unsere Flächen versiegeln, wird es in 150 Jahren keine landwirtschaftlichen Flächen auf dem Stadtgebiet mehr geben“, fügt Ackermann hinzu. „Damit nehmen wir unseren nachfolgenden Generationen die zentrale Lebens- und Wirtschaftsgrundlage und somit jede städtebauliche Gestaltungsmöglichkeit. Vielmehr hinterlassen wir ein vollkommen bebautes Stadtgebiet“, prognostiziert März-Granda.
Die Stadträtinnen kritisieren die flächenfressende Baupolitik der letzten Jahre. Projekte, wie beispielsweise „Landshut-Park“ seien Prototypen des Flächenfraßes. Riesige Parkflächen und die flächenverschlingende erdgeschossige Bauweise weit weg von der Wohnbebauung auf der „grünen Wiese“ verursachen nicht nur enormen Landverlust und mehr Verkehrsaufkommen, sondern haben die Abwanderung des Einzelhandels aus der Innenstadt zur Folge. Diese Entwicklung ist gerade im Hinblick auf den demographischen Wandel verheerend.
„Hier kann Landshut alleine sicherlich keine Änderung dieser Entwicklung bewirken“, so März-Granda. Es müssen auch die Umlandgemeinden, wie Altdorf, Ergolding und Kumhausen mit ins Boot geholt werden, damit alle an einem Strang ziehen. Nur so könne man verhindern, dass baufreudige Investoren auch die städtebaulichen Vorgaben einer Gemeinde, wie beispielsweise Geschossbauten und Unterbringung der Parkplätze im Gebäude, einhalten. „Ansonsten zieht der Investor einfach ein paar hundert Meter weiter in die Nachbargemeinde, die ihn mit offenen Armen ohne Bauvorgaben empfängt“, so Ackermann. Wer verzichtet schon gern freiwillig auf einen potentiellen Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler? Aber auch die Flächen unserer Nachbarn sind begrenzt, deshalb sollten nach Ansicht der ÖDP-Stadträtinnen eine interkommunale Allianz gebildet werden, damit wir künftig bei neuen Ansiedlungen von Einkaufszentren, Fachmärkten und großen Discountern gemeinsam die Richtung vorgeben. Hier böte es sich an, ein gemeinsames Einzelhandelsentwicklungskonzept und einen Katalog zum Flächensparen unter Mithilfe des Regionalmanagements zu entwickeln.
Doch auch in Bereichen, in denen die Stadt uneingeschränkt ihre eigene Planungshoheit ausüben kann, gibt es laut Meinung von März-Granda unnötige Landverschwendung. Aktuelles Beispiel ist das „grüne Zentrum“, dessen Billigungsbeschluss im vergangenen Bausenat gefallen ist. Dort wird allein für Parkplätze eine Fläche in der Größe von zwei Fußballfeldern verbaut. „ Gerade der Freistaat als Bauherr hat bei diesem Projekt wohl völlig vergessen, dass er mit vielen kommunalen Spitzenverbänden ein ´Bündnis zum Flächensparen in Bayern` vor über zehn Jahren beschlossen hat“, kritisiert die Stadträtin. Denn in Bayern werden laut Statistik des bayerischen Umweltministeriums täglich rund 18 Hektar Fläche, das entspricht der Größe von 26 Fußballfeldern, für immer versiegelt.
In der Stadt Landshut wuchs in den letzten 30 Jahren der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche der Stadt um 10 auf 32 Prozent.
Setzt man den Zuwachs bei der Siedlungs- und Verkehrsfläche im Zeitraum von 1984 bis 2009 ins Verhältnis zu den im bayerischen Ökoflächenkataster gemeldeten Flächen, so ist die Stadt Landshut sogar bayernweit trauriger Spitzenreiter. In diesem Zeitraum wurden von der Stadt gerade mal ein Hektar Ausgleich- und Ersatzfläche für 454 Hektar Flächenverbrauch (= 0,2 %) gemeldet.
„Uns ist durchaus bewusst, dass der Siedlungsdruck in Landshut enorm ist. Der prognostizierte Bevölkerungszuwachs ist schon lange überschritten“, betont Ackermann. Landshut boomt und die Fläche sei zu einem raren Gut geworden. Es brauche immer mehr Boden, um die Nachfrage nach Wohnungen, die Bedürfnisse von Firmen, den Bedarf nach sozialer Infrastruktur sowie jenen nach Frei- und Freizeiträumen zu befriedigen. Die negativen Folgen des Flächenverbrauchs seien jedem bekannt. Deshalb müsse ein Umdenken erfolgen.
„Entgegen dem Irrglauben vieler Politiker bringen neue Baugebiete den Gemeinden tatsächlich keinen monetären Gewinn“, so März-Granda. Denn nach Berechnungen für Städte und Gemeinden in Wachstumsregionen seien neue Wohngebiete mit Ihren Folgekosten in aller Regel ein Verlustgeschäft für den kommunalen Haushalt. Eine negative Bilanz ergebe sich auch für die Ausweisung neuer Gewerbegebiete. Dies sind die Ergebnisse einer vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten Studie zu den Kosten- und Einnahmeeffekten der Umwandlung von Freiflächen in Wohn- und Gewerbegebiete, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) durchgeführt hat.
Die Stadträtinnen wollen mit Ihrem Antragspaket neue Lösungswege aufzeigen, um die letzten freien Flächen zu retten. Sie setzen auf eine verstärkte Innenentwicklung und moderate Nachverdichtung bevor weitere Flächen im Außenbereich angegriffen werden. „Als wirksames Instrument dazu bietet sich ein kommunales Flächenmanagementkataster an“, so März-Granda. Dort werden Brachflächen, ehemalige Industrie- und Gewerbegebiete, aufgelassene Bahnflächen, Baulücken und leer stehende Gebäude erfasst. Die Verwaltung soll beauftragt werden anhand des Bestandes Nutzungen, Revitalisierungen und Entwicklungsmöglichkeiten dieser Flächen aufzuzeigen.
„Flächensparendes Bauen schont nicht nur die Landschaft und Natur, sondern bedeutet auch Energieeinsparung“, erläutert Ackermann. Dichte, kompakte Baukörper und ein eigenes Energieversorgungskonzept für neue Baugebiete böten hier Lösungsmöglichkeiten.
Untersuchungen würden eindeutig belegen: Ein hoher Flächenverbrauch bedeutet auch einen hohen Energieverbrauch. Ähnlich verhalte es sich mit den Kosten für neue Baugebiete. „Je geringer die Siedlungsdichte, desto höher die Pro-Kopf-Infrastrukturkosten und Instandhaltungsnachfolgekosten für Straßen, Kanäle und Versorgungsleitungen“, zeigt März-Granda auf. Eine Bebauung in doppelter Dichte halbiere diese Kosten. (siehe Folgekostenschätzer unter www.was–kostet-mein-baugebiet.de)
Die ÖDP-Stadträtinnen haben deshalb beantragt, dass die Verwaltung für die großen neuen Entwicklungsgebiete, wie „ Münchnerau-Siebensee“, „Landshut-West“, “nördl. LAs14 und östlich vom grünen Zentrum“, Rahmenkonzepte unter dem Aspekt des flächensparenden Bauens entwickelt.
„Bei all diesen Maßnahmen sollen künftig auch verstärkt entsprechende Förderprogrammen in Anspruch genommen werden“, fordern die Stadträtinnen. Aber auch der Freistaat müsse in seine Pflicht genommen werden. Hierzu gehöre, entgegen der Forderung des Heimatministers, Markus Söder, ein Anbindegebot im Landesentwicklungsplan. Neue Siedlungsflächen sollen an bestehende Siedlungen angebunden werden. Ansonsten hätten wir eine noch stärkere Flächennutzung. Dies könnte zu Verhältnissen wie in Italien führen: „Eine Gewerbeimmobilie nach der anderen entlang der Autobahnen.“
„Die Planungshoheit der Kommunen sorgt dafür, dass auch künftig die Entscheidungen über den Landverbrauch in den Rathäusern fallen“, erklärt Ackermann. „Deshalb wollen wir mit unseren Anträgen der Bevölkerung und den Politikern bewusst machen, dass wir künftig behutsamer mit unserem Boden umgehen müssen und dass es so wie bisher, nicht weiter gehen kann“, beteuert März-Granda.