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Pressemitteilung

Radl-Safari zu den Landshuter Stadtbäumen

Die ÖDP hatte zum Thema Bäume in der Stadt zu einer Radltour geladen, und fast 50 Teilnehmer konnte Dr. Stefan Müller-Kroehling dann am Landshuter Netzwerk begrüßen. Ungefähr genauso viele Bäume wurden in einer etwa zweistündigen Radlsafari durch den städtischen Baumbestand erkundet. Das entspricht auch etwa dem Verhältnis von Baum zu Einwohner in den meisten deutschen Städten, wie der Forstwissenschaftler erläuterte, also etwa ein Baum pro Einwohner.

Gleich am Ausgangspunkt plädierte der OB-Kandidat für die stärkere Berücksichtigung seltener heimischer Bäume wie der Flatterulme. Die kerngesunden Exemplare rund um das Bahnhofsgebäude zeigten, dass diese Baumart für städtische Verhältnisse sehr gut geeignet sei. An erster Stelle sollten diese Bäume durch südeuropäische ergänzt werden, die auch frosthart sind, wie die an der Berliner Brücke besichtigten Silberlinden.

Auch die „Netzwerkplatane“ wurde besichtigt, mit ihren 3,92 Metern Stammumfang ein echter Gigant. Studien der TU München hätten ergeben, dass eine 75jährige Platane einer jährliche Kühlleistung von 92.000 Kilowattstunden entspreche. Mit ihrer ausladenden Krone trägt diese Hybridplatane also wesentlich zu einem gesünderen Kleinklima am Bahnhofsvorplatz und im Netzwerkgebäude bei. Der Baumfachmann zählte die zahlreichen weiteren Leistungen von Bäumen pro Jahr auf: etwa 30 Kilogramm Kohlendioxid pro Baum werde in Holz und Wurzeln und durch die Blätter stolze zwei Gramm Feinstaub gebunden, sowie etwa 300 Liter Regenwasserrückhalt geleistet – durch Rückhalt in der Krone und Versickerung im Boden. Der Spiegel des Stresshormons Cortisol könne durch den Kontakt mit Bäumen nachweislich um 25 bis 50% gesenkt werden, was man heute als „Waldbaden“ bezeichnet. Bertold Brecht hatte dies als „Menschenfreude“ beschrieben, die ein Baum sei, und eben nicht nur ein paar Klafter Holz. Diese Funktion gebe es aber obendrein nach der Fällung, und erzeugt wertvolle, klimaneutrale Energie. Die Lebensraumfunktion der Bäume konnte der Entomologe anhand der winzigen Larven der Gitternetz-Platanenwanze erläutern, deren filigrane Schönheit sich freilich erst unter eine Lupe dem Betrachter erschließe. „Die Gitternetz-Wanze an der Netzwerkplatane“ zeige somit auf, dass dieser Baum auch einen Beitrag gegen das Insektensterben leiste. Er sei durch die Baumschutzsatzung aus gutem Recht geschützt und solle keinesfalls drei Parkplätzen weichen dürfen, forderte der langjährige Naturschutzbeirat.

Leider, so musste an verschiedenen Stellen der Führung immer wieder an Beispielen erläutert werden, ist der seit 1987 in der Stadt bestehende Baumschutz jedoch etwas, das immer wieder im Vollzug erkämpft werden müsse. Illegale Fällungen und eine große Zahl von Genehmigungen für Fällungen sorgen dafür, dass der Baumbestand unter Druck ist. Bei Baustellen sei es sehr wichtig, wirkungsvolle technische Schutzmaßnahmen einschließlich des Wurzelraumes vorzusehen und den Baumerhalt in den Baubescheid aufzunehmen. Allzu starke Rückschnitte der Krone, wie in der Breslauer Straße geschehen, müssten ebenso vermieden werden wie eine Kappung von Hauptwurzeln, damit Altbäume erhalten werden können.

Dass Baum und Boden eine Einheit darstellen, sah man an einer absterbenden Roteiche in Nachbarschaft der Platane. In einer viel zu kleinen Baumscheibe kann sich weder Bodenleben entwickeln noch genügend Wasser versickern, und beides braucht der Baum. Raum für Bäume sei daher wichtig. In den immer stärker verdichteten Städten bleibt zu wenig Raum für Bäume und Natur – die aber auch unsere Lebensgrundlage ist, und im Klimawandel noch an Bedeutung gewinnt. Etwa drei Grad beträgt der Unterschied zwischen einer Fläche mit und einer ohne Bäumen im Mittel, und im Extremfall an heißen Tagen sogar bis zu 10 Grad.

In Zeiten des großen Buchsbaumsterbens durch den eingeschleppten Buchsbaumzünsler mutete der stattliche Buchs-Kleinbaum im Gutenbergweg fast unwirklich an und wurde von den Exkursionsteilnehmern angesichts seiner Dimensionen bestaunt. Wer ohne den großen Aufwand, der für den Erhalt eines solchen Baumes benötigt wird, und ohne chemischen Pflanzenschutz in Zukunft Buchskranzerl binden will, sollte auf kleinblättrige Ligustersorten oder ähnliche Ersatzgehölze umschwenken. Allerdings fingen zunehmend auch heimische Vögel an, sich für die Raupen des asiatischen Schmetterlings zu interessieren, wie auch mehrere Teilnehmer berichteten, und dies sei ein Hoffnungsschimmer für den Erhalt des Buchsbaumes ohne Pflanzenschutz.

Fast mystisch vor den regenschweren Wolken und dem alten Kirchengemäuer der Christuskirche wirkten gleich drei bemerkenswerte Baumarten, der älteste Gingko-Baum Landshuts, von der Stadt als Naturdenkmal ausgewiesen und als Baumgattung 250 Millionen Jahr alt, sowie zwei Amerikanische Zürgelbäume und eine Lawson-Scheinzypresse, die an diesem Standort zeigt, dass sie ein echter Waldbaum ist, der in seiner westamerikanischen Heimat bis 60 Meter hoch und für Kanus und Totempfähle verwendet wird. Der Bedarf daran sei zwar in Landshut überschaubar, so der Referent schmunzelnd, aber das Holz dennoch vielseitig verwendbar und im Außenbereich haltbar.

Alle Sinne werden von den Bäumen angesprochen, auch der Geruchssinn, wie beim Röcklturm erfahren wurde. Die zerriebenen Blätter des auch als „Pfannkuchenbaum“ bezeichneten Katsurabaumes verströmen diesen leckeren Duft. Die Früchte der weiblichen Gingkobäume in Nachbarschaft dieser Bäume hingegen sind zwar in China auch als Delikatesse beliebt, verbreiten aber in überreifem Zustand später im Jahr einen Geruch nach Buttersäure. Aus diesem Grund werden heute meist männliche Vertreter dieser Baumart gepflanzt.

Die Mühleninsel war die nächste Station, deren Gehölzvielfalt im Rahmen der Radltour nur angerissen werden konnte. Mit Zerreiche und Ungarischer Eiche stehen hier gleich zwei südeuropäische Eichen, die bei uns im Klimawandel erheblich an Bedeutung gewinnen sollten, ebenso wie die Flaumeiche im Albin-Lang-Park beim Klinikum.

Wer in der Papiererstraße nahe der Luitpoldbrücke nach einem Baum sucht, der findet nur noch einen „Hinkelstein“ statt der kerngesunden dort bei Besitzerwechsel leider gefällten Sibirischen Ulme vor. Die Gründe der Baumfällung sind nicht ersichtlich, zumal der junge und wüchsige Baum zur Hälfte auf Stadtgrund stand. Hier sollte eine Flatterulme gepflanzt werden, wünscht sich der Referent. Sie wäre hier wie auch am Isargestade eine wesentliche Bereicherung für Stadtbild und das Stadtklima, statt der dortigen bisherigen, teuren Fehlversuche.

Schräg gegenüber zeigte eine schlanke, hochgewachsene Blaufichte den Teilnehmern einschließlich den beiden anwesenden Stadträtinnen Elke März-Granda und Christine Ackermann eindrucksvoll, auf welch schmalen Abstandsflächen vitale und stadtbildprägende Bäume noch wachsen können. Das seien ausdrücklich auch Nadelbäume, so der Müller-Kroehling, denn sie böten im Winter den Vögeln einen Lebensraum. Besichtigt wurden als Beispiele hierfür auch stattliche Exemplare von Gemeiner Fichte, Stechfichte, Douglasie, Coloradotanne und Weißtanne. Letzterer Baum leide allerdings in der Stadt nach wie vor unter der Luftverschmutzung.

Die vorletzte Station führte zu der dicksten Flatterulme Landshuts an der Nikolakirche. Sie hat die Bombardierung des nahegelegenen Bahnhofs zum Ende des zweiten Weltkriegs gut überstanden und strotzt mit ihren 4,32 Metern Umfang nur so vor Vitalität. Das Pfarramt hegt und pflegt diesen schönen Solitärbaum. Der Referent erläuterte, dass an den Blättern unter anderem die dekorative Hahnenkammgalle vorkomme, die von einer winzigen Gallmilbe nur an der Flatterulme und sonst keiner anderen Art erzeugt werde. Im Juni und Juli seien diese kleinen Gallen am besten zu besichtigen und ähnelten dann kleinen Karnevalskappen. Auch der Ulmenblattfloh lebt ausschließlich an der Flatterulme. Der Referent äußerte sich lobend, dass die Stadt seit einigen Jahren verstärkt Flatterulmen pflanze, entlang der Isar-Radwege, aber auch in Parks wie jenem am Klinikum. Diese Bäume seien kerngesund und sehr wüchsig und haben auch die Trockensommer gut überstanden.

Den Abschluss der Baumführung bildete eine Manna-Esche am Kopf der Bahnhofsüberführung. Hier ist im Juni dann wieder der Geruchssinn gefragt, wenn der in Südeuropa heimische Baum prächtig weiß blüht und duftet, um Insekten anzulocken. Da er gegen das Eschentriebsterben nicht empfindlich ist, sollten mehr Manna-Eschen gepflanzt werden, zumal es eine in Europa heimische Baumart ist, deren Fauna daher leichter ihrem Wirtsbaum zu uns folgen könne als bei einem Exoten aus fernen Kontinenten.

Mit sehr vielen positiven Aspekten des Baumschutzes in der Stadt und dem gemeinsamen Wunsch, eher mehr als weniger Bäume in der Stadt zu wollen, entließen die ÖDP-Politiker nach dieser klimaneutralen Radlsafari die Teilnehmer in den Sommerabend. Er wolle als OB das Wachstumsziel von mindestens 1000 neuen Bäumen in den ersten zwei Jahren umsetzen, um Landshut fit für den Klimawandel zu machen und als lebenswertes Landshut zu erhalten.

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